Mittwoch, 31. Oktober 2012

Bischof Kräutler erhält Großen Leopold Kunschak-Preis

ÖAAB, 31.10.2012
Bischof Erwin Kräutler mit Leopold Kunschak-Preis ausgezeichnet
Am Dienstag, 30. Oktober 2012, wurde Bischof Erwin Kräutler für seinen humanitären Einsatz für die indigene Bevölkerung sowie die rechtlosen Landarbeiter und Kleinbauern in Brasilien mit dem Großen Leopold Kunschak-Preis ausgezeichnet. Der Preis wurde von ÖAAB-Bundesobfrau und Innenministerin Mag. Johanna Mikl-Leitner in feierlichem Rahmen übergeben. Die Laudatio hielt BM a.D. Dr. Benita Ferrero-Waldner.

"Bischof Kräutler hat die ihm anvertrauten Menschen in der größten Diözese Brasiliens vor Übergriffen und Ausbeutungen beschützt. Er hat christliche Werte unter schwierigsten Verhältnissen leb- und erlebbar gemacht und hat große Verdienste im Sinne der christlichen Soziallehre erworben. Er hat bei all seinem Engagement auch oft sein Leben riskiert. Wir wollen mit diesem Preis 'Danke' sagen, mit der Ehrung einmal mehr auf sein Wirken aufmerksam machen und uns an ihm ein Vorbild nehmen", betont ÖAAB-Bundesobfrau Johanna Mikl-Leitner in ihrer Festrede.

Dr. Werner Fasslabend, Vorsitzender des Kuratoriums des Leopold Kunschak-Preises, begründete die Wahl des Preisträgers mit seinem Kampf für die Armen und Unterdrückten: "Wir sind stolz darauf, dass es mit Bischof Kräutler einem Österreicher gelungen ist, entscheidende Fortschritte und rechtliche Absicherung für die indigenen Völker sowie die Landarbeiter zu erkämpfen. Kräutler ist eine Lichtgestalt. Mit seinem bedingungslosen Kampf für die in ihrer Existenz bedrohten Völker Nordbrasiliens, sowie die in ihrem sozialen Status und in ihrer persönlichen Würde gefährdeten Landarbeiter zeigt er uns deutlich, dass Gerechtigkeit immer auch politisch erkämpft werden muss."

"Ich möchte diesen Weg weitergehen und habe keinen Augenblick daran gedacht, das Handtuch zu werfen", bedankte sich Erwin Kräutler, der unermüdlich für die Befreiung und die Rechte der indigenen Bevölkerung Brasiliens kämpft. "Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen, und nicht irgendwelche Mammutprojekte, die den Menschen unterordnen. Die Wirtschaft hat nicht das Recht über die Menschen zu herrschen. Die Wirtschaft soll die Lebensqualität der Völker verbessern", betonte Kräutler.


Kathweb, 30.10.2012
Bischof Kräutler: Profit-Denken ohne Ethik führt zur Katastrophe

Austro-brasilianischer Bischof erhält Kunschak-Preis 2012 - Staudammbau Belo Monte: "Zerstörung bereits vollzogen" - Indigene, Bewohner und Natur bleiben auf der Strecke


Wien (KAP) Wirtschaft und Entwicklung brauchen ein Umdenken "weg vom Profit und hin zum Menschen und seiner Würde": Diesen Gesinnungswandel hat Erwin Kräutler, der aus Vorarlberg stammende Bischof von Altaminra-Xingu am Dienstag im Interview mit "Kathpress" gefordert. Anlass war der "Große Leopold Kunschak-Preis 2012", mit dem Kräutler für seinen Einsatz für die indigene Bevölkerung sowie die rechtlosen Landarbeiter und Kleinbauern in Brasilien ausgezeichnet wurde. "Bleiben Menschen auf der Strecke, geht das gegen mein Gewissen. Jeder muss sich da berufen fühlen, etwas zu tun - das hat nichts mit dem Bischofsamt zu tun", so Kräutler.

Weltweite Aufmerksamkeit erfuhr der Bischof in den vergangenen Jahren durch den Einsatz gegen die Errichtung des weltweit drittgrößten Staudamms "Belo Monte" in seiner Diözese im Amazonas. 80 Prozent des Xingu-Flusses werden dafür abgeleitet und ein Gebiet von mehr als 500 Quadratkilometern Regenwald überflutet. Das zerstört nach den Worten Kräutlers die Lebensgrundlage der indigenen Bewohner, lässt gewachsene Gemeinschaften zerbrechen und zieht eine Massenabsiedlung nach sich. Kritisiert wird auch, dass der Damm wegen langer Trockenzeiten nur ein Drittel der anfangs propagierten Maximalleistung von 11.233 MW erreichen wird können.

Trotz internationaler Proteste wird der Bau derzeit nach mehreren Unterbrechungen fortgesetzt. Ein kompletter Baustopp sei bereits unmöglich, da laut Regierungsangaben bereits jetzt zwei Milliarden Euro "verpulvert" worden seien, gab sich Kräutler desillusioniert. "Die Katastrophe ist bereits geschehen und das Gebiet ist unwiderruflich beschädigt. 14.000 Menschen arbeiten bereits hier. Worum es uns jetzt geht, ist, dass die Regierung den Vorbedingungen für den Bau endlich nachkommt. 40 derartige Bestimmungen gibt es seitens der Umweltbehörde, 23 von der Indiobehörde, erfüllt wurden sie jedoch noch immer nicht."

Kernstück der Natur und Mensch umfassenden "Mitwelt", die Kräutler in Belo Monte bedroht sieht, sei die Menschenwürde. "Es muss uns darum gehen, dass die Menschen nicht auf der Strecke bleiben. Die Gefahr dazu besteht - da man den Leuten plötzlich aus ihrer Heimat vertreibt, ohne bisher eine Alternative anzubieten. Direkt Betroffene stehen vor dem Chaos, sie wissen bloß, dass sie umgesiedelt werden. Besonders den älteren Menschen fällt jeder Neubeginn sehr schwer, bei Indigenen ist es noch viel ärger: Meist überleben sie Zwangsumsiedlungen nicht, und viele bleiben mit der Zerstörung ihres Sozialgefüges auch physisch auf der Strecke."

Ausklammern der Ethik
Scharfe Kritik äußerte der austro-brasilianische Bischof an den beteiligten Errichtungsfirmen wie der österreichischen Andritz AG. "Es geht ihnen nur darum, den Auftrag zu bekommen, die Ethik ist ihnen egal. Sie verweisen auf neue Arbeitsplätze, schieben jedoch völlig zur Seite, dass diese mit Blut erkauft sind. Meines Wissens hat sich bisher niemand von der Firma die Situation vor Ort angesehen." In Brasilien sei jedoch ein Umdenken im Gange. "Auto-Aufkleber von einst mit 'Wir wollen Belo Monte' gibt es heute nicht mehr. Die Menschen sind stutzig geworden und sehen, dass nur wenige den Profit machen und viele bezahlen." Der Strom werde durch Belo Monte nicht billiger, eigentliche Profiteure seien Bergbaufirmen.

Appelle seiner Kritiker, die Kirche solle sich lieber auf ihre religiöse Sendung besinnen, kann Kräutler nicht nachvollziehen. "Ich bin nicht für die religiöse Dimension, sondern für die Menschen verantwortlich, denen ich als Bischof zu dienen habe." Auftrag der Kirche sei es im Sinne der Befreiungstheologie vielmehr, sich mit den Armen zu solidarisieren und ihnen zu helfen, aus ihrer misslichen Lage herauszukommen. "Armut ist kein Schicksal, sondern wird durch ein System verursacht, das an den Menschen schuldig geworden ist." Kräutler verwies auf das Konzilsdekret "Gaudium et spes", das schon im ersten Satz die Armen und Bedrängten ins Blickfeld rückt.

Rückschlägen zum Trotz kein Aufgeben

Das Zweite Vaticanum ist für Kräutler "nicht abgeschlossen, sondern ein weiterhin bestehender Appell an die Kirche, sich mit den Zeichen der Zeit auseinanderzusetzen und Antworten auf die heutigen Fragen zu geben". Mut sei nötig, um Strukturen, die gegen die Evangelisierung wirken, abzubauen, wobei sich Kräutler besonders eine bessere Nutzung des Potenzials der Laien wünscht. "Neuevangelisierung erfordert, dass Frauen und Männer nicht als ausführende Organe, sondern mitverantwortlich und mitentscheidend in den Gemeinden wirken, um ihre Aufgabe und Sendung in der Kirche zu erfüllen", so der Bischof.

Den "Großen Leopold-Kunschak-Preis" sieht Kräutler als politische Zusage der Unterstützung seines Einsatzes und der Menschen seiner Diözese. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass ich drüben ganz isoliert meine Arbeit tun könnte. Ich weiß, dass Österreich hinter mir steht und mein Einsatz vom Großteil der Bevölkerung sehr akzeptiert wird. Leute sagen mir immer wieder: Mach weiter so." Ans Aufgeben denkt der 73-jährige, der bereits seit 32 Jahren Bischof ist, trotz Rückschlägen nicht. "Ich werde nicht das Handtuch schmeißen, sondern weitermachen und meine Meinung weiter verteidigen, solange mir Gott Atem schenkt."


Vorarlberg.ORF.at, 30.10.2012
Bischof Kräutler erhält Kunschak-Preis
Der aus Vorarlberg stammende Bischof der brasilianischen Amazonas-Diözese Xingu, Erwin Kräutler, hat am Dienstag den Großen Leopold Kunschak-Preis erhalten.
In seiner Rede anlässlich der Überreichung im Parlament in Wien warnte der 73-jährige Preisträger vor den Folgen der Zerstörung des Amazonas-Gebietes. „Der Mensch muss wieder im Mittelpunkt stehen, und nicht irgendwelche Mammutprojekte (Belo-Monte-Staudammprojekt, Anm.), die den Menschen unterordnen“, betonte Kräutler. Die Auszeichnung ist mit 5.000 Euro dotiert.

Erzdiözese Wien, 25.10.2012
Bischof Kräutler erhält Großen Leopold Kunschak-Preis
Für seinen Einsatz für die indigene Bevölkerung sowie die rechtlosen Landarbeiter und Kleinbauern in Brasilien wird Bischof Kräutler ausgezeichnet.